Die Corona-Pandemie hat nicht nur das persönliche und gesellschaftliche Leben erfasst, sondern auch den Arbeitsmarkt. Zwar mussten viele Unternehmen ihre Stellenangebote deutlich reduzieren oder gegebenenfalls ganz einstellen, jedoch ist es auch in der aktuellen Situation nicht unmöglich, einen Job zu finden. Doch wie läuft der Bewerbungsprozess derzeitig ab? Und was hat sich geändert?
Hinsichtlich des Ablaufs des Bewerbungsprozesses hat sich eigentlich kaum etwas verändert – nur dahingehend, dass jetzt alles über Video Calls stattfindet. Dabei ist es am wichtigsten vorher die Technik (Stabilität der Internetverbindung überprüfen sowie Webcam und Mikrofon) zu testen, damit zum vereinbarten Termin alles reibungslos klappt.
Außerdem sollte eine ruhige Umgebung für das Gespräch ausgewählt werden.
Wichtig ist auch eine Position, in der man frontal in die Kamera schauen können. Hier bietet sich der Platz am Tisch an. Man kann seinen Laptop auch entsprechend erhöhen, um eine ideale Kameraperspektive hinzubekommen. Nicht zu nah, aber auch nicht zu weit weg. Die optimale Ansicht reicht von über den Haaren bis zu den Schultern.
Auch die Lichtverhältnisse sind bei Webcam-Interviews wichtig. Tageslicht ist hier immer am besten geeignet. Also einfach den Schreibtisch vor das Fenster schieben – das ist oftmals einfacher, als sich mit künstlichem Licht aufwändig und perfekt auszuleuchten.
Ansonsten ist alles ähnlich, wie beim Face-to-Face Interview – nur anstatt in die Augen, direkt in die Kamera schauen. Adäquate Kleidung, eine gesunde Portion Selbstbewusstsein und eine gute Ausdrucksweise dürfen natürlich auch nicht fehlen.
Jobsuchende, die sich aktuell bewerben sollten tunlichst vorher klären, ob das Unternehmen aktuell überhaupt neue Beschäftigte einstellt.
Vor einem Bewerbungsgespräch sollte man sich nicht nur
auf die üblichen Fragen zu Laufbahn, Qualifikation und Karrierezielen
vorbereiten, sondern auch ein klares Bild davon haben, welche Fragen zur Person
rein gar nichts mit der Eignung für die Stelle zu tun haben und wie man im
Ernstfall reagieren will. Es ist wichtig zu wissen, welche Fragen man
wahrheitsgemäß beantworten muss und bei welchen Fragen man gegebenenfalls auch
die Unwahrheit sagen darf. Alle Fragen, die keinen Bezug zur Tätigkeit haben,
sind unzulässig.
Ausweichen oder nichts sagen?
Viele Menschen tendieren bei unliebsamen Fragen dazu,
auszuweichen oder mit „Dazu möchte ich lieber nichts sagen“ zu kontern.
Allerdings kann daraus durchaus ein Nachteil entstehen. Daher empfiehlt es sich
nicht, bei unzulässigen Fragen die Antwort zu verweigern.
Recht zur Lüge
Die Rechtsprechung gesteht ein Recht zur Lüge zu. Das
trägt dem Umstand Rechnung, dass es der Fragende ist, der sich mit seiner Frage
ins Unrecht setzt. Die Lüge auf eine unzulässige Frage ist zulässig und häufig
überzeugender als die bloße Nichtbeantwortung. Dennoch kann eine Lüge, wenn sie
später bekannt wird, das Vertrauensverhältnis im Arbeitsverhältnis belasten.
Was ist legitim?
Für Laien ist es schwer zu beurteilen, wann eine
persönliche Frage legitim ist und wann es in Ordnung ist, die Unwahrheit zu
sagen. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) verbietet die
Benachteiligung von Menschen aufgrund dieser Faktoren:
Geschlecht
Alter
Behinderung
Rasse beziehungsweise ethnische Herkunft
Religion oder Weltanschauung
sexuelle Identität
Alter
Fragen nach dem Alter sind nicht erlaubt. Ausgenommen sind allenfalls absolute
Sonderfälle. Berufserfahrung darf aber erfragt werden. Zudem ergibt sich das
Alter in der Regel aus beigefügten Dokumenten wie etwa Arbeitszeugnissen oder
einem Berufsabschluss.
Behinderung
Nach der Behinderung darf der Arbeitgeber nur dann
fragen, wenn diese dazu führt, dass der Bewerber/die Bewerberin die Stelle
nicht ausüben kann. Eine Gehbehinderung spielt z.B. keine Rolle, wenn es sich
um eine reine Bürotätigkeit handelt. Entscheidend ist, ob die Behinderung die
Eignung ausschließt oder die erforderlichen Hilfsmittel für den Arbeitgeber
zumutbar sind. Ein verstellbarer Schreibtisch, ergonomische Stühle, besondere
Lesehilfen oder Ähnliches werden häufig noch zumutbar sein. Wenn für den
Rollstuhlfahrer ein eigener Aufzug eingerichtet werden müsste, ist dies
möglicherweise finanziell unzumutbar.
Die bloße Vermutung, ein Arbeitnehmer könnte wegen
einer Behinderung häufigere Fehlzeiten haben, ist unberechtigt. Dieser Fakt ist
auch für Menschen mit chronischen Beschwerden wichtig. Hier gelten dieselben
Regeln wie für Behinderungen.
Sexuelle Orientierung
In aller Regel sind Fragen dieser Art verboten. Im
Einzelfall kann aber beispielsweise eine Vorstrafe wegen einer Straftat gegen
die sexuelle Selbstbestimmung eines Kindes einer Tätigkeit als z.B. Kinderpfleger
entgegenstehen.
Schwangerschaft
Dies ist die eindeutigste Kategorie. Fragen nach einer
Schwangerschaft dürfen nicht gestellt werden.
Religionszugehörigkeit
Ein Recht darauf, nach der Religionszugehörigkeit zu
fragen, haben nur solche Arbeitgeber, bei denen die Religionszugehörigkeit
relevant ist, im Wesentlichen also die Kirchen und Unternehmen in kirchlicher
Trägerschaft. Allerdings müssen aber auch die Kirchen in einem
Arbeitsrechtsprozess im Zweifel nachweisen, warum die Zugehörigkeit zu einer
Religionsgemeinschaft für die konkrete Stelle erforderlich sei.
Verhalten bei Unsicherheit bezüglich der Legitimität
Ist
die Frage unbedenklich, sollte man sie beantworten. Fürchtet man hingegen
negative Konsequenzen, empfiehlt es sich eher, die Frage zu umgehen oder mit
einer Gegenfrage zu antworten. Das AGG ist jedoch kein Freifahrtschein, um das
Blaue vom Himmel zu lügen. Wer auf eine zulässige Frage lügt, riskiert, dass
der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis später wegen arglistiger Täuschung
anficht.
Recherchen in sozialen Medien
Recherchen über das Privatleben eines
Bewerbers in Social Media sind aus datenschutzrechtlichen Gründen grundsätzlich
unzulässig. Da dies dennoch gemacht wird, ist es ratsam, mit persönlichen Daten
im Netz sehr sorgsam umzugehen und den Zugriff Dritter weitestmöglich zu
beschränken.
Offenheit nach Lüge
Auch wenn eine Arbeitnehmerin hinsichtlich
der Schwangerschaft lügen durfte, dürfte es den Arbeitgeber wenig freuen, wenn
er durch andere von diesen Umständen erfährt. Außerdem muss eine Arbeitnehmerin
ihre Schwangerschaft dem Arbeitgeber mitteilen, sonst hat sie keinen besonderen
Kündigungsschutz.
Beweisführung
Hier stehen Arbeitnehmer immer wieder vor
der Situation, dass sie im Gespräch mit dem Arbeitgeber alleine waren, während
dieser weitere Vertrauenspersonen hinzugezogen hat. Aus Gründen der
Waffengleichheit muss der Arbeitnehmer im Prozess als Partei vernommen werden.
Wenn das Gericht einer Partei Glauben schenkt, wird der Prozess zu deren
Gunsten ausgehen. Wenn das Gericht nicht entscheiden kann, welche Seite die
Wahrheit sagt, bleibt der Arbeitgeber beweisfällig und die Kündigungsgründe
können nicht nachgewiesen werden. Heimliche Aufzeichnungen eines
Vorstellungsgesprächs sind in jedem Fall verboten.
Entschädigung
Unzulässige Fragen im Bewerbungsgespräch bedeuten
eine Benachteiligung. Hat der Arbeitgeber keine Rechtfertigung, kann der
Bewerber Ansprüche auf Entschädigung und Schadenersatz geltend machen. Unzulässige
Fragen beinhalten außerdem regelmäßig einen Verstoß gegen die
Datenschutz-Grundverordnung. Dies begründet Ansprüche des Bewerbers auf
Entschädigung wegen der Persönlichkeitsrechtsverletzung.
Fragliche Kultur?
Lügen ist zwar ein legitimes Mittel, um eine
rechtswidrige Benachteiligung zu verhindern. Die Art und Menge verbotener
Fragen im Bewerbungsgespräch können jedoch auch ein Alarmsignal sein, dass das
Klima in dem Unternehmen oder zumindest in dem relevanten Team grundsätzlich
nicht stimmt.
Quelle: Wirtschaftswoche
Diese Website verwendet Cookies, um die Performance zu verbessern. Mit Verwendung der Website gehen wir davon aus, dass Sie damit einverstanden sind. Sie können aber auch die Einstellungen ändern oder ablehnen.
This website uses cookies to improve your experience. We'll assume you're ok with this, but you can opt-out if you wish.
This website uses cookies to improve your experience while you navigate through the website. Out of these cookies, the cookies that are categorized as necessary are stored on your browser as they are essential for the working of basic functionalities of the website. We also use third-party cookies that help us analyze and understand how you use this website. These cookies will be stored in your browser only with your consent. You also have the option to opt-out of these cookies. But opting out of some of these cookies may have an effect on your browsing experience.
Necessary cookies are absolutely essential for the website to function properly. This category only includes cookies that ensures basic functionalities and security features of the website. These cookies do not store any personal information.
Any cookies that may not be particularly necessary for the website to function and is used specifically to collect user personal data via analytics, ads, other embedded contents are termed as non-necessary cookies. It is mandatory to procure user consent prior to running these cookies on your website.