7 Todsünden im Vorstellungsgespräch

Was sind die häufigsten Fehler, die im Vorstellungsgespräch gemacht werden?

Ein Streifzug durch unsere langjährigen Erfahrungen mit Kandidaten und deren Umgang mit anstehenden Gesprächen.

1. Da muss ich mich nicht groß vorbereiten – das läuft ja über den Berater…

Natürlich informieren wir unsere Kandidaten bestmöglich über Unternehmen und Position, bevor es zum Gespräch kommt. Viele denken dann das reicht und sie brauchen sich um weiter nichts zu kümmern.

Falsch gedacht! Sie sollten darüber hinaus auch selbst ausreichend zum Unternehmen recherchieren. Das gibt im Gespräch positive Anknüpfungspunkte, wenn Sie sich z.B. auf ein bestimmtes Video, eine Aussage auf der Website oder eine veröffentlichte Entwicklung beziehen. Legen Sie sich darüber hinaus insbesondere zurecht, welches Bild Sie von der Position haben – nach der schriftlichen Positionsbeschreibung, den Informationen durch den Personalberater und Ihren eigenen Recherchen.

Meist wird man am Anfang des Vorstellungsgesprächs dazu aufgefordert, etwas über sich zu erzählen. Hier schießen die Kandidaten oft völlig übers Ziel hinaus und halten einen immer langweiliger werdenden Monolog. Rattern Sie hier nicht einfach Ihren Lebenslauf herunter. Bereiten Sie eine kurze und knackige Selbstpräsentation vor. Gehen Sie auf die markantesten Stationen ein und achten Sie darauf, die Stationen miteinander zu verbinden und zu begründen. So entsteht ein roter Faden. Auch sollte man besonders die praktischen Erfahrungen und fachlichen Qualifikationen herauszustellen, die zur angestrebten Position passen.

Jedes Vorstellungsgespräch ist anders, aber bestimmte Fragen und Themenbereiche sind Standard und lassen sich trainieren. Für die Personalverantwortlichen ist neben Ihrem beruflichen Werdegang insbesondere Ihre Persönlichkeit von Interesse. Sie werden daher sicher Fragen zu Ihren Stärken und Schwächen, Ihrer Arbeitsweise, Ihren Umgang mit Kollegen, Mitarbeitern oder Führungskräften stellen. Will man Sie besonders auf die Probe stellen, dann können auch Stressfragen zum Einsatz kommen. Seien Sie darauf vorbereitet.

2. Das Äußere ist nicht mehr so wichtig…

Da mittlerweile die meisten Erstgespräche über Online-/Video-Tools stattfinden, sollte man meinen das Outfit wäre nicht mehr wichtig. Im Gegenteil – Sie sollten sich sehr wohl Gedanken zum Outfit zu machen. Informieren Sie sich über den Dresscode des Unternehmens. Anzug und Krawatte sind nur noch im Ausnahmefall gefragt, zu leger kann jedoch auch falsch sein. Es kommt außerdem nicht nur auf das Outfit an, sondern auch darauf, wie Sie die Kleidung tragen. Achten Sie darauf, dass Sie sich damit wohlfühlen und achten Sie im Gespräch auch auf eine gewisse Körperspannung. Der Gesamteindruck wird durch das Auftreten entscheidend mitbestimmt.

3. Die Körpersprache wird meistens überbewertet…

Weit gefehlt! Mit Ihrer Körpersprache senden Sie permanent Signale an Ihre Umgebung. Achten Sie auf Gestik, Mimik, Blickkontakt, Körperhaltung und Sprechweise. Anspannung und Nervosität lassen die Körpersprache nicht überzeugend wirken. Bleiben Sie ruhig. Sind Sie zu verkrampft, merken geschulte Beobachtende das schnell.

Bestimmte Gesten oder Körperhaltungen können auch abwehrend wirken, zum Beispiel das Verschränken der Arme vor der Brust. Sprechen Sie langsam und deutlich. Das wirkt kompetenter, als wenn jemand sehr schnell spricht. Zudem unterbricht es den Gesprächsfluss, wenn Ihre Gegenüber die Antworten nicht richtig verstehen oder nachfragen müssen. Trainieren Sie Ihre Körpersprache und die Sprechgeschwindigkeit vor dem Spiegel.

4. Ich brauche keine Notizen, ich kann mir alles merken…

Auch hier irren die, die das denken! Notizen verhindern, dass man wichtige Punkte vergisst, die man später bei den eigenen Fragen aufgreifen kann. Zudem zeugt es von ehrlichem Interesse und vermittelt eine strukturierte Arbeitsweise. Die Notizen können auch helfen, das Vorstellungsgespräch im Nachgang noch einmal zu reflektieren, um die eigene Entscheidung zu erleichtern oder daraus für spätere Einstellungsgespräche zu lernen. Nehmen Sie einen Schreibblock und einen guten Stift mit. Trotz Digitalisierung kommt es meist immer noch komisch, wenn jemand mit iPad oder Handy dasitzt und mit tippt.

5. Auf Standardfragen lege ich mir Standardantworten zurecht…

Irrtum! Vermeiden Sie es, auf Standardfragen auch Standardantworten zu geben. Geschulte Personalverantwortliche merken sofort, wenn Sie Antworten aus Ratgebern auswendig gelernt haben. Stellen Sie in den Antworten immer einen Bezug zu Ihnen, Ihrem Werdegang, der anvisierten Position oder zum Unternehmen her.

Schon mit Ihren Bewerbungsunterlagen können Sie bestimmte Fragen provozieren. Geben Sie bei Ihren Hobbys beispielsweise konkretere Sachen als Sport, Lesen und Kochen an. Statt nur „Sport“ tanzen Sie z.B. Salsa oder Sie klettern. Wenn Sie gerne kochen, dann spezifizieren Sie z.B. Ihre Affinität zur thailändischen oder spanischen Küche. Daraus ergeben sich im Gespräch sicher interessante Anknüpfungspunkte für einen Small Talk.

6. Eigene Fragen sind nicht notwendig – es ist ja alles klar…

Auch hier liegen Sie falsch! Natürlich wird erwartet, dass Sie im Vorstellungsgespräch eigene Fragen stellen. Wer das nicht tut, signalisiert Desinteresse oder Schüchternheit. Doch Achtung: Überlegen Sie sich, was wirklich relevante Fragen sind. Überlegen Sie sich schon im Vorfeld Fragen und notieren Sie diese, andere Fragen werden sich im Gespräch ergeben. So sollten Sie zu konkreten Aspekten der Position nachfragen, zur Einarbeitung oder zu Weiterbildungsmöglichkeiten.

7. Ich gebe mich so wie sie mich sehen wollen…

Fehler! Die wichtigste Regel überhaupt ist, dass Sie authentisch bleiben! Beherzigen Sie die o.g. Punkte, aber „verbiegen“ Sie sich nicht. Tun oder sagen Sie nichts, was Ihnen bzw. Ihrer Persönlichkeit zuwider ist. Ziehen Sie weder eine Verkaufs-Show ab, wenn Sie kein Verkäufer sind noch halten Sie sich stärker zurück als Sie sich damit wohlfühlen. Vielleicht bekommen Sie dann zwar ggf. den Job, aber Sie werden damit nicht glücklich werden.

Einfach lügen – oder was?

Vor einem Bewerbungsgespräch sollte man sich nicht nur auf die üblichen Fragen zu Laufbahn, Qualifikation und Karrierezielen vorbereiten, sondern auch ein klares Bild davon haben, welche Fragen zur Person rein gar nichts mit der Eignung für die Stelle zu tun haben und wie man im Ernstfall reagieren will. Es ist wichtig zu wissen, welche Fragen man wahrheitsgemäß beantworten muss und bei welchen Fragen man gegebenenfalls auch die Unwahrheit sagen darf. Alle Fragen, die keinen Bezug zur Tätigkeit haben, sind unzulässig.

Ausweichen oder nichts sagen?

Viele Menschen tendieren bei unliebsamen Fragen dazu, auszuweichen oder mit „Dazu möchte ich lieber nichts sagen“ zu kontern. Allerdings kann daraus durchaus ein Nachteil entstehen. Daher empfiehlt es sich nicht, bei unzulässigen Fragen die Antwort zu verweigern.

Recht zur Lüge

Die Rechtsprechung gesteht ein Recht zur Lüge zu. Das trägt dem Umstand Rechnung, dass es der Fragende ist, der sich mit seiner Frage ins Unrecht setzt. Die Lüge auf eine unzulässige Frage ist zulässig und häufig überzeugender als die bloße Nichtbeantwortung. Dennoch kann eine Lüge, wenn sie später bekannt wird, das Vertrauensverhältnis im Arbeitsverhältnis belasten.

Was ist legitim?

Für Laien ist es schwer zu beurteilen, wann eine persönliche Frage legitim ist und wann es in Ordnung ist, die Unwahrheit zu sagen. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) verbietet die Benachteiligung von Menschen aufgrund dieser Faktoren:

  • Geschlecht
  • Alter
  • Behinderung
  • Rasse beziehungsweise ethnische Herkunft
  • Religion oder Weltanschauung
  • sexuelle Identität

Alter

Fragen nach dem Alter sind nicht erlaubt. Ausgenommen sind allenfalls absolute Sonderfälle. Berufserfahrung darf aber erfragt werden. Zudem ergibt sich das Alter in der Regel aus beigefügten Dokumenten wie etwa Arbeitszeugnissen oder einem Berufsabschluss.

Behinderung

Nach der Behinderung darf der Arbeitgeber nur dann fragen, wenn diese dazu führt, dass der Bewerber/die Bewerberin die Stelle nicht ausüben kann. Eine Gehbehinderung spielt z.B. keine Rolle, wenn es sich um eine reine Bürotätigkeit handelt. Entscheidend ist, ob die Behinderung die Eignung ausschließt oder die erforderlichen Hilfsmittel für den Arbeitgeber zumutbar sind. Ein verstellbarer Schreibtisch, ergonomische Stühle, besondere Lesehilfen oder Ähnliches werden häufig noch zumutbar sein. Wenn für den Rollstuhlfahrer ein eigener Aufzug eingerichtet werden müsste, ist dies möglicherweise finanziell unzumutbar.

Die bloße Vermutung, ein Arbeitnehmer könnte wegen einer Behinderung häufigere Fehlzeiten haben, ist unberechtigt. Dieser Fakt ist auch für Menschen mit chronischen Beschwerden wichtig. Hier gelten dieselben Regeln wie für Behinderungen.

Sexuelle Orientierung

In aller Regel sind Fragen dieser Art verboten. Im Einzelfall kann aber beispielsweise eine Vorstrafe wegen einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung eines Kindes einer Tätigkeit als z.B. Kinderpfleger entgegenstehen.

Schwangerschaft

Dies ist die eindeutigste Kategorie. Fragen nach einer Schwangerschaft dürfen nicht gestellt werden.

Religionszugehörigkeit

Ein Recht darauf, nach der Religionszugehörigkeit zu fragen, haben nur solche Arbeitgeber, bei denen die Religionszugehörigkeit relevant ist, im Wesentlichen also die Kirchen und Unternehmen in kirchlicher Trägerschaft. Allerdings müssen aber auch die Kirchen in einem Arbeitsrechtsprozess im Zweifel nachweisen, warum die Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft für die konkrete Stelle erforderlich sei.

Verhalten bei Unsicherheit bezüglich der Legitimität

Ist die Frage unbedenklich, sollte man sie beantworten. Fürchtet man hingegen negative Konsequenzen, empfiehlt es sich eher, die Frage zu umgehen oder mit einer Gegenfrage zu antworten. Das AGG ist jedoch kein Freifahrtschein, um das Blaue vom Himmel zu lügen. Wer auf eine zulässige Frage lügt, riskiert, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis später wegen arglistiger Täuschung anficht.

Recherchen in sozialen Medien

Recherchen über das Privatleben eines Bewerbers in Social Media sind aus datenschutzrechtlichen Gründen grundsätzlich unzulässig. Da dies dennoch gemacht wird, ist es ratsam, mit persönlichen Daten im Netz sehr sorgsam umzugehen und den Zugriff Dritter weitestmöglich zu beschränken.

Offenheit nach Lüge

Auch wenn eine Arbeitnehmerin hinsichtlich der Schwangerschaft lügen durfte, dürfte es den Arbeitgeber wenig freuen, wenn er durch andere von diesen Umständen erfährt. Außerdem muss eine Arbeitnehmerin ihre Schwangerschaft dem Arbeitgeber mitteilen, sonst hat sie keinen besonderen Kündigungsschutz.

Beweisführung

Hier stehen Arbeitnehmer immer wieder vor der Situation, dass sie im Gespräch mit dem Arbeitgeber alleine waren, während dieser weitere Vertrauenspersonen hinzugezogen hat. Aus Gründen der Waffengleichheit muss der Arbeitnehmer im Prozess als Partei vernommen werden. Wenn das Gericht einer Partei Glauben schenkt, wird der Prozess zu deren Gunsten ausgehen. Wenn das Gericht nicht entscheiden kann, welche Seite die Wahrheit sagt, bleibt der Arbeitgeber beweisfällig und die Kündigungsgründe können nicht nachgewiesen werden. Heimliche Aufzeichnungen eines Vorstellungsgesprächs sind in jedem Fall verboten.

Entschädigung

Unzulässige Fragen im Bewerbungsgespräch bedeuten eine Benachteiligung. Hat der Arbeitgeber keine Rechtfertigung, kann der Bewerber Ansprüche auf Entschädigung und Schadenersatz geltend machen. Unzulässige Fragen beinhalten außerdem regelmäßig einen Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung. Dies begründet Ansprüche des Bewerbers auf Entschädigung wegen der Persönlichkeitsrechtsverletzung.

Fragliche Kultur?

Lügen ist zwar ein legitimes Mittel, um eine rechtswidrige Benachteiligung zu verhindern. Die Art und Menge verbotener Fragen im Bewerbungsgespräch können jedoch auch ein Alarmsignal sein, dass das Klima in dem Unternehmen oder zumindest in dem relevanten Team grundsätzlich nicht stimmt.

Quelle: Wirtschaftswoche